Im Rahmen der Hilfspakete wegen der derzeitigen Coronakrise hat der Bundestag am 25.03.2020 unter anderem auch das „Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht“ nahezu einstimmig beschlossen. Teil des vorgenannten Gesetzespakets ist das unter dem dortigen Artikel 1 beschlossene „COVID-19 Insolvenzaussetzungsgesetz“ – kurz: „COVInsAG“.
In diesem Gesetz wird unter bestimmten Voraussetzungen eine Aussetzung der – zum Beispiel für die GmbH, die GmbH & Co. KG sowie auch für Vereine geltenden – Insolvenzantragspflicht bis zum 30.09.2020 geregelt.
Zur Flankierung dieser Aussetzung wurden für den sogenannten Aussetzungszeitraum (bis zum 30.09.2020) auch die Haftung der Geschäftsleiter abgemildert und bestimmte Anfechtungsvorschriften geändert. Insbesondere wurden während des Aussetzungszeitraums gewährte Gesellschafterdarlehen im Insolvenzfalle erheblich aufgewertet.
Schließlich wurde das Recht für Gläubiger, einen Insolvenzantrag über das Vermögen ihres Schuldners zu stellen zunächst bis Ende Juni derart eingeschränkt, dass der Antragsteller glaubhaft machen muss, dass der Insolvenzgrund bereits am 01.03.2020 vorlag.
Wie bereits oben erwähnt, bedarf die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht bestimmter Voraussetzungen. So muss die Insolvenzreife auf den „Folgen der Ausbreitung des SARS-CoV-2-Virus“ beruhen und es müssen Aussichten darauf bestehen, dass eine bestehende Zahlungsunfähigkeit wieder beseitigt werden kann.
Das interessante ist, dass die vorstehenden Voraussetzungen gesetzlich vermutet werden, wenn die in Schwierigkeiten geratene Kapitalgesellschaft am 31.12.2019 nicht zahlungsunfähig war.
Diese gesetzliche Vermutung, dass die Krise auf den Auswirkungen von Corona beruht, ist ausweislich der Gesetzesbegründung zwar widerleglich, allerdings könne
„angesichts des zwecks der Vermutung, den Antragspflichtigen von den Nachweis-und Prognoseschwierigkeiten effektiv zu entlasten, eine Widerlegung nur in solchen Fällen in Betracht kommen, bei denen kein Zweifel daran bestehen kann, dass die COVID-19-Pandemie nicht ursächlich für die Insolvenzreife war und dass die Beseitigung einer eingetretenen Insolvenzreife nicht gelingen konnte. Es sind insoweit höchste Anforderungen zu stellen.“
Damit dürfte es für sämtliche in Schwierigkeiten geratene Kapitalgesellschaften einschließlich der GmbH & Co. KG und Vereine interessant sein, eine gut dokumentierte stichtagsbezogene Zahlungsunfähigkeitsprüfung auf den 31.12.2019 vorzuhalten. Wenn in dieser darstellbar ist, dass eine Zahlungsunfähigkeit noch nicht vorlag, dürfte es nach dem Willen des Gesetzgebers nur äußerst schwierig und nur in Ausnahmefällen möglich sein, die sich hieraus ergebende gesetzliche Vermutung zu widerlegen.
Wer also als Geschäftsleiter einer in Schwierigkeiten geratenen, grundsätzlich insolvenzantragspflichtigen Gesellschaft Sanierungsaussichten sieht und daher keinen Insolvenzantrag stellen möchte und die erleichterten Sanierungsmöglichkeiten aus den beschlossenen Hilfspaketen (zum Beispiel geförderte Kredite, staatliche Zuschüsse, Kurzarbeit oder die gestiegene Attraktivität für Gesellschafter, neues Geld in die Gesellschaft zu geben) nutzen möchte, sollte die fehlende Zahlungsunfähigkeit auf den Stichtag 31.12.2019 möglichst nachvollziehbar und gerichtsfest dokumentieren.